Partienummer Garn: Warum ein kleines Detail dein ganzes Projekt retten kann

Partienummer Garn: Der ultimative Leitfaden für perfekte Farbübergänge

Es sollte eigentlich der perfekte Pullover werden. Zwei Knäuel derselben Wolle in "Taubenblau", beide vom gleichen Hersteller. Doch als Sarah nach dem ersten Knäuel zum zweiten wechselt, sieht sie es sofort: Der Unterschied ist deutlich sichtbar – als hätte jemand eine unsichtbare Linie quer über ihr Strickwerk gezogen. Das eine Knäuel wirkt wärmer, das andere kühler. Was ist schiefgelaufen? Die Antwort liegt in einem kleinen Detail auf dem Etikett: der Partienummer.

Was ist eine Partienummer und warum ist sie so wichtig?

Die Partienummer (auch Dye Lot genannt) ist eine Kennzeichnung auf dem Garnetikett, die anzeigt, aus welcher Färbecharge das Garn stammt. Sie besteht meist aus einer Kombination von Zahlen und Buchstaben, etwa "DL 4578" oder "Lot 892B".

Jedes Mal, wenn ein Hersteller Garn färbt, entsteht eine neue Partie. Selbst bei identischen Rezepten können minimale Unterschiede in Temperatur, Luftfeuchtigkeit oder Rohstoffen zu Farbabweichungen führen. Diese sind mit bloßem Auge oft kaum erkennbar – bis sie nebeneinander im fertigen Projekt auftauchen.

Die goldene Regel: Garn mit derselben Partienummer ist farblich identisch. Verschiedene Partiennummern bedeuten potenzielle Farbunterschiede.

Die Physik hinter Farbabweichungen: Warum passiert das?

Färbelose und Charge-Unterschiede

Stell dir vor, du kochst zweimal dasselbe Rezept. Selbst mit identischen Zutaten schmeckt das Ergebnis nie ganz gleich. Genauso verhält es sich beim Färben von Garn. Faktoren wie:

  • Wasserqualität: Mineralgehalt variiert je nach Tageszeit
  • Temperatur: Schwankungen von wenigen Grad verändern die Farbaufnahme
  • Luftfeuchtigkeit: Beeinflusst Trocknungszeiten und Farbintensität
  • Rohstoffcharge: Selbst Wolle derselben Schafherde nimmt Farbe unterschiedlich an

Lagerung und Transport

Nach dem Färben kann sich die Garnfarbe weiter verändern:

  • UV-Licht lässt Farben ausbleichen oder nachdunkeln
  • Feuchtigkeit kann Farbtöne verschieben
  • Lagertemperatur beeinflusst die Farbstabilität

Praxis-Tipp: Gewichtsschwankungen zwischen Knäueln sind normal und entstehen durch unterschiedliche Feuchtigkeitsaufnahme. Das beeinflusst nicht die Farbe, kann aber bei der Planung verwirren.

Lösungen für jeden Projekttyp

Große Flächen: Pullover, Tücher und Decken

Bei größeren einfarbigen Flächen sind Farbabweichungen am deutlichsten sichtbar. Hier hilft die Alternating Skeins-Technik:

Anleitung: Alternating Skeins (2 Knäuel)

Für Flachstrick (hin und zurück):

  1. Vorbereitung: Beide Knäuel bereithalten, mit A und B markieren
  2. Start: 2 Reihen mit Knäuel A stricken
  3. Wechsel: 2 Reihen mit Knäuel B stricken
  4. Wiederholung: Abwechselnd je 2 Reihen mit A und B
  5. Fäden: Nicht nach jedem Wechsel abschneiden, sondern locker mitführen

Für Rundstrick:

  1. Start: 2 Runden mit Knäuel A
  2. Wechsel: 2 Runden mit Knäuel B
  3. Fortsetzung: Gleichmäßig abwechseln
  4. Fäden: An der Rundenbeginn-Markierung wechseln

Variante für 3 Knäuel:

  • Muster: 2 Reihen A → 2 Reihen B → 2 Reihen C → Wiederholung
  • Vorteil: Noch gleichmäßigere Verteilung der Farbabweichungen

Häkel-Variante (für Decken):

  1. Reihenweise wechseln: Jede Reihe mit anderem Knäuel
  2. Bei festen Maschen: Farbwechsel am Reihenende
  3. Bei Stäbchen: Letzten Durchzug der Reihe mit neuer Farbe

Kanten und Bündchen: Wann andere Partien okay sind

Bündchen und Blenden vertragen Farbabweichungen besser, weil:

  • Sie strukturiert sind (Rippen, verschiedene Stiche)
  • Oft in anderem Strickmuster gearbeitet werden
  • Funktionale Elemente sind, wo Farbe weniger im Fokus steht

Faustregel: Strukturierte Bereiche kaschieren Farbunterschiede, glatte Flächen betonen sie.

Streifen und Colourwork: Bewusster Einsatz von Partien

Verschiedene Farbpartien können gezielt als Gestaltungselement eingesetzt werden:

  • Ton-in-Ton-Streifen: Bewusst verschiedene Partien für Farbverlauf
  • Ombre-Effekt: Partien nach Helligkeit sortieren und graduell verwenden
  • Fair Isle: Kleine Farbabweichungen fallen bei komplexen Mustern nicht auf

Einkauf und Planung: Die richtige Menge berechnen

Garnmengen-Rechnung mit Sicherheitsaufschlag

Beispiel Damenpullover Größe M:

  • Grundbedarf laut Anleitung: 500g
  • Sicherheitsaufschlag 10%: 500g × 1,1 = 550g
  • Zusätzlich für Probeläppchen: +50g = 600g Gesamtbedarf

Warum 10% Aufschlag?

  • Individuelle Handschrift (lockerer/fester Strick)
  • Änderungen während des Strickens
  • Reserve für Reparaturen

Was tun bei Nachkauf?

Wenn das Garn der ursprünglichen Partie nicht mehr verfügbar ist:

  1. Priorisierung: Neue Partie für weniger sichtbare Bereiche (Rücken, Ärmelunterseite)
  2. Alternating Skeins: Neue und alte Partie mischen
  3. Gestaltungselement: Bewusst als Akzent einsetzen (andere Farbe für Bündchen)

Händler-Tipp: Viele Wollgeschäfte notieren Partiennummern und können bei Verfügbarkeit informieren.

Häufige Fehler und Troubleshooting

Harte Farbübergänge

Problem: Sichtbare Linie beim Knäuelwechsel Lösung:

  • Alternating Skeins anwenden
  • Übergang in strukturiertes Muster legen (Zopf, Rippenmuster)
  • Bei bereits gestricktem Werk: Duplicate Stitch zur Kaschierung

"Zebrastreifen"-Effekt

Problem: Zu häufiger Wechsel bei Alternating Skeins Lösung:

  • Wechselintervall vergrößern (4 statt 2 Reihen)
  • Bei sehr feinem Garn: Längere Intervalle wählen

Probleme mit Ombre-Garnen

Problem: Verschiedene Partien haben unterschiedliche Farbverläufe Lösung:

  • Alle Knäuel auslegen und Farbverläufe vergleichen
  • Ähnliche Abschnitte gezielt kombinieren
  • Bei starken Abweichungen: Separate Projekte planen

Schnellstart: In 5 Minuten zur sicheren Partie-Mischung

Für eilige Strickerinnen:

  1. Minute 1: Alle Partiennummern auf den Etiketten vergleichen
  2. Minute 2: Bei Abweichungen: Probeläppchen mit beiden Garnen stricken
  3. Minute 3: Läppchen nebeneinander legen und Farbunterschied beurteilen
  4. Minute 4: Bei sichtbarem Unterschied: Alternating Skeins planen
  5. Minute 5: Beide Knäuel griffbereit positionieren, mit A und B markieren

Sofort-Test: Halte beide Garne bei Tageslicht nebeneinander. Ist ein Unterschied erkennbar, solltest du mischen.

Kurz-Checkliste: Partiennummern richtig handhaben

  • [ ] Vor dem Kauf: Alle Etiketten auf identische Partienummer prüfen
  • [ ] Bei der Planung: 10% Sicherheitsaufschlag einrechnen
  • [ ] Große Flächen: Alternating Skeins-Technik anwenden
  • [ ] Probeläppchen: Immer mit allen Knäueln testen
  • [ ] Lagerung: Garn vor UV-Licht geschützt aufbewahren
  • [ ] Bei Nachkauf: Partiennummer notieren und beim Händler nachfragen
  • [ ] Farbtest: Garne bei Tageslicht vergleichen

Häufige Fehler vermeiden

  • [ ] Zu spät gemerkt: Nicht erst beim Stricken auf Farbunterschiede achten
  • [ ] Zu wenig gekauft: Ohne Sicherheitsaufschlag planen
  • [ ] Fäden verschwendet: Bei Alternating Skeins unnötig oft abschneiden
  • [ ] Ignoriert: Kleine Farbunterschiede unterschätzen
  • [ ] Panik: Bei Farbabweichung das Projekt aufgeben statt zu mischen

FAQ: Die häufigsten Fragen zu Partienummern

Kann ich verschiedene Partien derselben Farbe mischen? Ja, mit der Alternating Skeins-Technik werden Farbabweichungen praktisch unsichtbar.

Wie erkenne ich Farbunterschiede zuverlässig? Halte die Garne bei Tageslicht nebeneinander. Kunstlicht verfälscht oft die Wahrnehmung.

Was mache ich bei nur minimalen Farbabweichungen? Auch kleine Unterschiede können im fertigen Werk sichtbar werden. Im Zweifel mischen.

Funktioniert Alternating Skeins auch beim Häkeln? Ja, besonders bei Decken. Wechsle reihenweise oder alle paar Reihen zwischen den Knäueln.

Kann ich verschiedene Partien für Probeläppchen verwenden? Nein, verwende immer Garn aus derselben Charge wie für das Hauptprojekt geplant.


Speichere dir diese Checkliste für dein nächstes Garnprojekt!

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